Faszination Fußball / Mannschaftssport als Arzt
In drei Wörtern: Was bedeutet es für Sie Mannschaftsart zu sein?
Eine große Ehre, eine große Herausforderung und sehr viel Spaß!
Wollten sie schon immer Mannschaftsarzt werden?
Tatsächlich ja, Also sehr früh schon. Mir hat dieser Teamgeist schon immer imponiert im Fußball. Und auch diese Möglichkeiten, die der Fußball eben halt auch durch den finanziellen Background bietet – Medizin auf höchstem Niveau machen zu können. Und das ganze halt wirklich in einem Team mit integriert zu sein. Und das ist natürlich für uns auch einzigartig. Als angestellter Mannschaftsarzt ist man Teil vom Team. Man ist nicht nur am Team dran, sondern mittendrin. Und das macht besonders viel Spaß.
Wie sind Sie zur Borussia Mönchengladbach gekommen, wie war Ihr Weg zu Gladbach?
Kurz wird schwierig (lacht). Ich will es versuchen. Ich habe meine Facharztausbildung in Berlin an der Charité gemacht – in Orthopädie und Unfallchirurgie, war dann mit involviert beim Aufbau der Sportmedizin und hatte dann irgendwann das Angebot von Max Ewald, hier zur Borussia zu kommen und fand das so spannend, die Herausforderung, dass ich das gemacht habe. Und ich habe es bis heute nicht bereut.
Wie würden Sie Ihre Beziehung zu den Nachwuchs- und Profispielern beschreiben?
Natürlich ist nicht jeder Fußballspieler wie der andere. Das sind Charaktere. Und teilweise sind sehr starke Charaktere dabei. Dementsprechend ist jetzt nicht die Beziehung zu jedem die gleiche. Es gibt Spieler, zu denen entwickelt sich eine ganz enge Bindung. Und es gibt andere, da bleibt der Kontakt sehr professionell und bei manchen sogar etwas distanziert, aber im Großen und Ganzen müssen wir sagen, hat die medizinische Abteilung, insgesamt bei uns einen sehr guten Draht zu den Spielern. Wir pflegen da einen sehr offenen Austausch.
Sie sind bei vielen Spielen hautnah dabei und springen aufs Feld, sobald sich ein Spieler verletzt hat. Schreckt Sie das ab, den Ball selbst zu kicken?
(schmunzelt) Also ich würde sagen das nicht. Aber die zeitliche Belastung vielleicht. Man hat natürlich viel zu tun. Als Mannschaftsarzt landen viele Aufgaben im medizinischen Bereich bei einem, um die ich mich kümmern muss. Und dann bleibt vielleicht nicht mehr so viel Zeit, wie man sich das vorstellt, um Sport zu machen. Und dann muss es auch mit Trainingszeiten von anderen zusammenpassen. Von daher wird man doch irgendwann zum Individualsportler – leider. Aber im Großen und Ganzen kann ich schon sagen, ist der Fußball eine großartige Sportart.
Also eine Fußballleidenschat ist grundsätzlich da, oder?
Also das muss da sein. Jeder, der im Profifußball arbeitet oder generell im Fußball arbeitet, muss Begeisterung dafür haben. Sonst hält man das nicht aus (schmunzelt).
Hochleistungssport heißt auch oftmals, an sein Limit zu gehen. Verraten Sie uns 2-3 Tipps, die Sie Ihren Teams geben, um Verletzungen vorzubeugen? Was würden Sie Freizeitsportler*innen empfehlen?
Die grundlegenden Tipps sind tatsächlich, dass man sich gut vorbereiten sollte. Das sind so wirklich die Basics: Gut warm machen, gutes Dehnungsprogramm. Das ist wichtig. Und das zweite, das man beachten sollte: Keine großen Belastungssprünge zu machen im Training. Also wirklich versuchen, die Belastung gleichmäßig zu halten. Regenrationstage zwar einzubauen, aber jetzt nicht von einer Woche zur anderen ganz extrem das Training zu steigern, sondern wenn man das steigern möchte, dann eben schrittweise. Das ist glaube ich ein ganz wichtiger Punkt, wo man eben Verletzungen vermeiden kann. Vielleicht für den Hobbysportler: Ja, man sollte Sport auf einem Niveau machen, der zu seiner eigenen Fitness passt. Das ist so das, was wir oft im Hobbybereich auch sehen ist, dass man dann halt versucht an alte Glanzleistungen anzuknüpfen. Dann spielt der Kopf zwar mit, aber vielleicht die Beine, Knie oder der Muskel nicht mehr.
Was kann man speziell bei Knieproblemen vorbeugen?
Auch da gibt es mittlerweile wirklich viele Übungen. Auch Berufsgenossenschaften haben da viele gute Vorbeugeprogramme, Präventionsprogramme ins Leben gerufen, die man sich auf den Internetseiten herunterladen kann. Da geht es vor allem um Stabilitätstraining. Eine gute und schnelle Muskulatur kann das Gelenk in den kritischen Momenten schützen. Die entsprechende Aufmerksamkeit darauf und die Vorbereitung darauf – das kann tatsächlich verhindern, dass man schwere Verletzungen davonträgt.
MRT-Diagnostik im Sport
Orthopädie und MRT – Ein Herz und eine Seele? Wie wichtig ist ein MRT für Sie bei der Diagnostik von Sportunfällen?
Ja heutzutage ist die MRT-Diagnostik aus der Sportmedizin nicht mehr wegzudenken. Also gerade aus der Sportorthopädie kommt man in den meisten Fälle nicht drum herum. Es gibt uns einfach die Möglichkeit, ohne dass wir Schaden anrichten müssen, in den Körper hineinschauen können. Wir müssen nichts aufschneiden, wir müssen nirgendwo hineinstechen. Wir können schmerzfrei und strahlungsfrei in den menschlichen Körper hineingucken. Und das ist mittlerweile sehr genau. Das ist der große Reiz davon und der große Vorteil.
Sie haben schon sehr viel Erfahrung mit Spitzenathleten gemacht und schon einige Verletzungen miterlebt. Was sind die häufigsten Vorfälle auf dem Spielfeld? Welche Körperteile sind besonders betroffen?
Muskelverletzungen und Bandverletzungen an den Gelenken das macht so das häufigste von den Verletzungen aus, die wir dann ärztlich behandeln müssen. Am häufigsten sind natürlich Zusammenstöße, Schläge, Blutergüsse, stumpfe Anpralltraumen. Das macht glaube ich so 80 – 90% aus. Aber das heilt von selbst. Da muss nicht der Arzt ran (schmunzelt). Da reicht, wenn man weiß, dass es nichts Schlimmes ist.
Handelt es sich bei den Verletzungen eher um Überlastungsfälle, oder um akute Unfälle?
Ja das ist natürlich immer eine Gratwanderung. Man möchte immer die maximale Leistung herausholen und da muss man die Belastung möglichst natürlich nach oben fahren. Und gleichzeitig aber so steuern und verteilen, dass die Belastungsschäden und -verletzungen nicht passieren. Da arbeitet eben ein ganzes Team daran: Das Trainerteam, der Chef-Trainer mit den Co-Trainern, auch in Abstimmung mit unseren Sportwissenschaftlern. Da ist es Aufgabe des Arztes, dann eher Rückmeldung zu geben, wenn dann die Spieler mit den muskulären Problemen kommen. Und rechtzeitig ein Signal zu geben, dass man am Finetuning noch etwas ändern muss. Das funktioniert aber mittlerweile in Bundesligaclubs sehr gut. Und ja man sieht aber auch immer wieder Ausreißer, was zeigt, wie schwierig das ist.
Zurück zur Arbeit am MRT: Beschreiben Sie ihre Stimmung, wenn Sie mit dem medneo-Team zusammenarbeiten in 3 Wörtern.
Immer hervorragend (lacht). Das Team ist wirklich klasse. Und mittlerweile versteht man sich auch menschlich extrem gut. Ich freu mich jedes Mal, wenn ich mit dem Team auseinandersetzen kann. Das ist so der Wehrmutstropfen, wenn man die Spieler ins MRT begleitet und auch schon ahnt, dass da vielleicht eine schwere Diagnose rauskommen könnte. Da ist der menschliche Umgang – im Übrigen auch mit den Spielern – Auch die Spieler gehen tatsächlich nicht gern ins MRT, aber trotzdem gern zum medneo-Team, weil sie sich da wirklich gut aufgehoben und sehr wertgeschätzt fühlen. Und weil die Stimmung auch immer sehr gut ist.
Sie haben eine Zusatzqualifikation in Physikalischer Therapie & Balneologie. Was kann man sich darunter vorstellen? Wie sind sie dazu gekommen, welche Vorteile sehen Sie in der Therapieform?
Die Physikalische Therapie beschäftigt sich mit physikalischen Einflüssen auf den menschlichen Körper: Kälte, Wärme, Wasseranwendungen. Das ist ein Teilbereich der Physiotherapie.
Die Balneologie ist etwas ganz Besonderes, das ist die Bäderheilkunde. Das beschäftigt sich mit den Wasseranwendungen am menschlichen Körper, mit den Heilbädern. Es kommt aus der Kurortmedizin. Und das hat mittlerweile in fast allen Bundesligaclubs Einzug gehalten: Die Eistonne und die Eisbäder – Das ist ein Teil der Physikalischen Medizin. Das hilft uns heute in der Regeneration.
Welche Vorteile hat das?
Es hat sehr viele Vorteile. Hauptsächlich eingesetzt wird es, um die Regeneration zu beschleunigen, weil wir eben wissen, dass nach einer schweren Belastung, der Körper, die Muskulatur, der Stoffwechsel weiterläuft, auf diesen hohen Touren, um es mal plakativ zu beschreiben. Und man das sozusagen wieder runterbremsen muss. Damit diese Belastungsreaktion im Körper nicht nach dem Training, oder Spiel weiterläuft. Das kann man eben erreichen, in dem man die Temperatur absenkt. Und dann kommen noch ein paar andere Fakten mit dazu. Das führt zu einer Verengung von den Blutgefäßen und damit sozusagen zu einem Gefäßtraining. Es führt dazu, dass Abbauprodukte aus der Muskulatur ausgeschwemmt werden. Das hat einen psychologischen Effekt auf die Spieler. Man fühlt sich frisch danach.
Bei Orthopädie und Unfallchirurgie denkt man als erstes daran, Knochenbrüche zu versorgen und Schrauben zu setzen. Mittlerweile werden viele Sportverletzungen auch konservativ behandelt. Wo siehst du darin die meisten Vorteile?
Welche Möglichkeiten und Grenzen hat Ihre Spezialisierung auf die nicht-operative Behandlung?
Also ich glaube insgesamt, dass die Sportmedizin so ein bisschen ein Trendsetter ist. So ähnlich wie es auch der Sport in vielen Teilbereichen, zum Beispiel in der Mode, ist. So ist es auch in der Sportmedizin so, dass viele Neuerungen von der Sportmedizin ausgehen. Weil hier einfach das Bedürfnis Techniken weiter zu verfeinern und Behandlungsprozesse zu beschleunigen, zu optimieren, besonders groß ist. Und das war in der Vergangenheit auch schon in der operativen Orthopädie: Dass Neuerungen wie die arthroskopische Therapie – Also man über die Schlüssellochtechnik in das Gelenk hineinschaut und da drin Therapien durchführen kann. Das kam aus dem Bedürfnis heraus, Sportler wieder möglichst schnell fit zu machen. Und so ist es auch eben in der Nicht-konservativen Therapie. Da haben wir mittlerweile ein ganzes Arsenal an Therapieoptionen, die uns zur Verfügung stehen, die jetzt auch langsam und sicher über die Jahre in die Versorgung der breiten Bevölkerung Einzug halten. Also zum Beispiel die Eigenbluttherapie, die aus dem Sport kommt. Also Plättchenreiches Eigenblutplasma bei Verletzungen, oder zum Beispiel bei Gelenkverschleiß dann eben initiiert wird. Wo man mit körpereigenen Substanzen den Patienten helfen kann, ohne, dass man Chemie anwenden muss. Und das ist auch etwas, das aus dem Profi-Sport kommt. Und so könnte man das an einer großen Zahl an Therapien durchexerzieren. Insgesamt muss man sagen, dass man da als Sportmediziner schon ein bisschen stolz drauf sein kann, dass unser Fach da doch dann immer wieder Trendsetter ist.