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Interview mit Mannschaftsarzt Dr. med. Ralf Doyscher

Letzte Aktualisierung: January 1, 2024

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In drei Wörtern: Was bedeutet es für Sie Mannschaftsart zu sein?

Eine große Ehre, eine große Herausforderung und sehr viel Spaß!

Wollten sie schon immer Mannschaftsarzt werden?

Tatsächlich ja, zumindest sehr früh schon. Mir hat dieser Teamgeist im Fußball schon immer imponiert. Und auch die Möglichkeit – die der Fußball auch durch seinen finanziellen Background bietet – Medizin auf höchstem Niveau anwenden zu können. Als angestellter Mannschaftsarzt ist man Teil des Teams, man ist komplett integriert. Man ist nicht nur nah am Team dran, sondern mittendrin. Das ist natürlich einzigartig. Und das macht besonders viel Spaß.

Mannschaftsarzt Dr. med Ralf Doyscher im medneo Diagnostikzentrum in Mönchengladbach

Können Sie kurz erzählen, wie Sie zu Borussia Mönchengladbach gekommen sind? Wie Ihr Weg zu Gladbach war?

Kurz wird schwierig, aber ich will es versuchen. (lacht) Ich habe meine Facharztausbildung in Berlin an der Charité gemacht – in der Orthopädie und Unfallchirurgie. Ich war dann dort auch mit involviert in den Aufbau der Abteilung Sportmedizin. Irgendwann kam dann das Angebot von Max Eberl für eine Festanstellung bei Borussia Mönchengladbach. Diese Herausforderung fand ich so spannend, dass ich das Angebot angenommen habe. Und diese Entscheidung habe ich bis heute nicht bereut.

Wie würden Sie Ihre Beziehung zu den Nachwuchs- und Profispielern beschreiben?

Natürlich ist nicht jeder Fußballspieler wie der andere. Das sind alles individuelle Charaktere. Und teilweise sind sehr starke Charaktere dabei. Dementsprechend ist auch die Beziehung zu den einzelnen Spielern unterschiedlich. Es gibt Spieler, zu denen entwickelt sich eine ganz enge sogar freundschaftliche Bindung. Und es gibt andere, da bleibt der Kontakt eher professionell und bei manchen sogar etwas distanzierter. Insgesamt haben wir als medizinische Abteilung bei Borussia aber einen sehr guten Draht zu den Spielern. Wir pflegen mit allen einen sehr offenen Austausch.

Sie sind bei vielen Spielen hautnah dabei und springen aufs Feld, sobald sich ein Spieler verletzt hat. Schreckt Sie das ab, den Ball selbst zu kicken?

(schmunzelt) Das würde ich so nicht sagen. Eher spielt diesbezüglich die zeitliche Belastung eine Rolle. Als Mannschaftsarzt landen viele Aufgaben aus dem medizinischen Bereich bei mir, um die ich mich kümmern muss. Dadurch bleibt oft nicht so viel Zeit, wie man sich das vorstellt, um selbst Sport zu machen. Die verbleibenden Zeitfenster müssten dann auch noch mit den Trainingszeiten der eigenen Mannschaft zusammenpassen. Insofern wird man doch irgendwann zum Individualsportler – leider. Aber natürlich ist der Fußball eine großartige Sportart.

Also eine Fußballleidenschaft ist grundsätzlich da, oder?

Die muss da sein. Jeder, der im Profifußball oder generell im Fußball arbeitet, muss Begeisterung für diesen Sport haben. Sonst hält man das nicht aus (schmunzelt).

Hochleistungssport heißt auch oftmals, an sein Limit zu gehen.
Verraten Sie uns 2-3 Tipps, die Sie Ihren Teams geben, um Verletzungen vorzubeugen?

Der grundlegendste Tipp ist eine gute Vorbereitung: man sollte sich gut warm machen und ein gutes Dehnungsprogramm haben – das ist wirklich wichtig. Und das andere, das man beachten sollte: keine großen Belastungssprünge beim Training machen. Außerdem ist sinnvoll Regenerationstage einzubauen und nicht von einer auf die andere Woche das Training extrem zu steigern. Wenn man das Training steigern möchte, dann sollte man das schrittweise tun. Das ist ein wirklich ein entscheidender Punkt, durch den man viele Verletzungen vermeiden kann. Und für Hobbysportler: Man sollte Sport immer auf einem Niveau betreiben, das zur eigenen Fitness passt. Oft sehen wir, dass Hobbysportler versuchen, an alte Glanzleistungen anzuknüpfen. Dann spielt der Kopf zwar mit, aber vielleicht die Beine, Knie oder der Muskel nicht mehr.

Was kann man speziell bei Knieproblemen vorbeugen?

Um Knieproblemen vorzubeugen gibt es mittlerweile wirklich viele Übungen. Auch und gerade die Verwaltungsberufsgenossenschaft hat viele gute Vorbeuge- bzw. Präventionsprogramme, ins Leben gerufen, die man sich auf der entsprechenden Internetseite einfach herunterladen kann. Da geht es vor allem um Stabilitätstraining. Eine gute und schnelle Muskulatur kann das Gelenk in den kritischen Momenten schützen. Die entsprechende Aufmerksamkeit und Vorbereitung darauf können tatsächlich verhindern, dass man schwere Verletzungen davonträgt.

Orthopädie und MRT – Ein Herz und eine Seele? Wie wichtig ist ein MRT für Sie bei der Diagnostik von Sportunfällen?

Ja, heutzutage ist die MRT-Diagnostik aus der Sportmedizin nicht mehr wegzudenken. Vor allem in der Sportorthopädie nimmt sie in den meisten Fällen eine bedeutende Funktion ein. Dieses Verfahren gibt uns die Möglichkeit, ohne dass wir Schaden anrichten müssen, in den Körper hineinzuschauen. Wir müssen nichts aufschneiden, müssen nirgendwo hineinstechen. Wir können für den Patienten schmerzfrei sowie strahlungsfrei in den menschlichen Körper hineinschauen. Und dieses Verfahren ist mittlerweile sehr genau. Das ist der große Reiz, der große Vorteil der MRT-Diagnostik.

Sie haben schon sehr viel Erfahrung mit Spitzenathleten gemacht und schon einige Verletzungen miterlebt. Was sind die häufigsten Vorfälle auf dem Spielfeld? Welche Körperteile sind besonders betroffen?

Muskel- und Bandverletzungen an den Gelenken sind die häufigsten Verletzungen, die wir dann ärztlich behandeln müssen. Auf dem Spielfeld kommt es aber natürlich am häufigsten zu Zusammenstößen, Schlägen, Blutergüssen, stumpfen Anpralltraumen. Die machen so circa 80 bis 90 Prozent aller Verletzungen aus. Aber das heilt von selbst. Da muss der Arzt nicht ran (schmunzelt). Da reicht es, wenn man weiß, dass es nichts Schlimmes ist.

Handelt es sich bei den Verletzungen eher um Überlastungsfälle, oder um akute Unfälle?

Das ist natürlich immer eine Gratwanderung. Als Sportler möchte man immer die maximale Leistung herausholen und dafür muss man die Belastung natürlich möglichst nach oben fahren. Gleichzeitig muss man die Belastung aber so steuern und verteilen, dass keine Belastungsschäden und -verletzungen passieren. Da arbeitet bei uns ein ganzes Team dran: Das Trainerteam, der Cheftrainer mit den Co-Trainern – natürlich in Abstimmung mit unseren Sportwissenschaftlern. Die Aufgabe des Arztes ist es eher, Rückmeldung zu geben, wenn dann die Spieler mit muskulären Problemen kommen. So gehört es zur Aufgabe des Mannschaftsarztes, rechtzeitig ein Signal zu geben, wenn am Finetuning noch etwas geändert werden muss. Das funktioniert mittlerweile in den Bundesligaclubs sehr gut. Trotzdem sieht man aber auch immer mal wieder Ausreißer, was zeigt, wie schwierig dieses ganze Thema ist.

Beschreiben Sie ihre Stimmung, wenn Sie mit dem medneo-Team zusammenarbeiten in 3 Wörtern.

Ich bekomme es sogar in zwei Wörtern hin: Immer hervorragend (lacht). Das Team ist wirklich klasse. Auch menschlich liegen wir auf einer Wellenlänge. Ich freu mich jedes Mal, wenn ich mit dem Team zu tun habe. Wenn ich einen Spieler ins MRT begleite, ist da immer auch ein kleiner Wehrmutstropfen dabei, insbesondere wenn ich ahne, dass vielleicht eine schwere Diagnose rauskommen könnte. Da ist der menschliche Umgang untereinander – auch der des medneo-Teams mit dem jeweiligen Spieler – sehr wichtig. Die Spieler gehen natürlich nicht gern ins MRT – aber trotzdem gern zum medneo-Team, weil sie sich bei ihnen wirklich gut aufgehoben und sehr wertgeschätzt fühlen. Und weil die Stimmung dort immer sehr angenehm ist.

Sie haben eine Zusatzqualifikation in Physikalischer Therapie & Balneologie. Was kann man sich darunter vorstellen? Wie sind sie dazu gekommen, welche Vorteile sehen Sie in der Therapieform?

Die Physikalische Therapie beschäftigt sich mit physikalischen Einflüssen auf den menschlichen Körper: Kälte, Wärme, Wasseranwendungen. Das ist ein Teilbereich der Physiotherapie.
Die Balneologie ist etwas ganz Besonderes, das ist die Bäderheilkunde. Diese beschäftigt sich mit den Wasseranwendungen am menschlichen Körper, mit den Heilbädern. Sie kommt aus der Kurortmedizin und hat mittlerweile in fast allen Bundesligaclubs Einzug gehalten: Die Eistonne und die Eisbäder – Das sind Teil der Physikalischen Medizin. Das hilft uns heute in der Regeneration.

Welche Vorteile hat das?

Das hat sehr viele Vorteile. Hauptsächlich eingesetzt wird die Balneologie, um die Regeneration zu beschleunigen, weil wir eben wissen, dass nach einer schweren Belastung, der Körper, die Muskulatur, der Stoffwechsel auf diesen hohen Touren weiterlaufen, um es mal plakativ zu beschreiben. Das muss man dann sozusagen wieder runterbremsen, damit diese Belastungsreaktion im Körper nicht nach dem Training oder Spiel weiterläuft. Und das kann man erreichen, indem man die Temperatur absenkt. Hinzu kommen noch ein paar andere Faktoren. Es führt zu einer Verengung der Blutgefäße und damit sozusagen zu einem Gefäßtraining. Es führt dazu, dass Abbauprodukte aus der Muskulatur ausgeschwemmt werden. Das wiederum hat einen psychologischen Effekt auf die Spieler. Man fühlt sich frisch danach.

Bei Orthopädie und Unfallchirurgie denkt man als erstes daran, Knochenbrüche zu versorgen und Schrauben zu setzen. Mittlerweile werden viele Sportverletzungen auch konservativ behandelt. Wo siehst du darin die meisten Vorteile?

Ich glaube, dass die Sportmedizin eine Art Trendsetter ist. So ähnlich wie es auch der Sport für viele andere Teilbereiche, wie zum Beispiel die Mode, ist. Auch in der Medizin ist es so, dass viele Neuerungen von der Sportmedizin ausgehen. In diesem Bereich ist das Bedürfnis, Techniken weiter zu verfeinern und Behandlungsprozesse zu beschleunigen und zu optimieren, einfach besonders groß. Das war in der Vergangenheit auch in der operativen Orthopädie der Fall. Ein Beispiel dafür ist die arthroskopische Therapie – bei der man über die Schlüssellochtechnik in das Gelenk hineinschaut und auf diese Weise Therapien durchführen kann. Dieses Verfahren wurde aus dem Bedürfnis heraus entwickelt, Sportler wieder möglichst schnell fit zu machen. Und so ist es auch in der Nicht-konservativen Therapie. Da haben wir mittlerweile eine ganze Palette an Therapieoptionen, die uns zur Verfügung steht, die jetzt auch langsam, aber sicher in die Versorgung der breiten Bevölkerung Einzug hält. Ein Beispiel hierfür ist die Eigenbluttherapie, die aus dem Sport kommt. Dabei wird z.B. plättchenreiches Eigenblutplasma (PRP) bei Verletzungen oder bei Gelenkverschleiß gespritzt. So kann man mit körpereigenen Substanzen den Patienten helfen, ohne, dass man Chemie anwenden muss. Das könnte man jetzt an einer großen Zahl verschiedener Therapien durchexerzieren, die alle ursprünglich aus dem Profisport kommen. Insofern kann man als Sportmediziner schon ein bisschen stolz drauf sein, dass unser Fach immer wieder Vorreiter ist.